16 Nov

Fahrverbote könnten auch noch Werden treffen

Fassungslosigkeit und Kopfschütteln macht sich in der Politik breit, nachdem das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen gestern flächendeckende Fahrverbote für Dieselfahrzeuge, aber auch für alte Benziner beschlossen hat. In seltener Einigkeit haben Parteien und Verantwortliche in Kommune, Land und Bund die Schuldigen ausgemacht: die anderen.

Ganze 18 Stadtteile betrifft das Fahrverbot in Essen, das ab Juli 2019 in Kraft treten soll. Werdener können zunächst aufatmen, zumindest, wenn sie nicht durch einen dieser Stadtteile fahren müssen – oder über die A40, denn auch auf Teilstrecken der Autobahn durchs Stadtgebiet soll das Verbot greifen. Doch der Burgfrieden könnte auch im Essener Süden von kurzer Dauer sein: Denn mit einigen Teilstrecken der B224 steht die Velberter Straße nun unter gesonderter Beobachtung. Das Gericht hat die Bezirksregierung Düsseldorf verpflichtet, bis zum 1. April 2019 zu prüfen, ob der Stickoxid-Grenzwert dort eingehalten wird. Sollte dies nicht der Fall sein, könnten auch hier Fahrverbote drohen.

Die Verantwortlichen schieben sich indes gegenseitig den Schwarzen Peter zu: Für Oberbürgermeister Thomas Kufen sind die Verantwortlichen im Bund und Land, im Land, schaut man vor allem auf den Bund. Und der Bund? Schimpft über die EU und ihre Grenzwerte. Als hätte man vorher etwas getan, um sie zu verhindern.

Und wahlweise wird auch die Deutsche Umwelthilfe zum Schuldigen gemacht, schließlich wagte der gemeinnützige Verband ja zu klagen. Eine Petition im Internet will dem Verein gar die Gemeinnützigkeit aberkennen. Auch das Gericht selbst wird Ziel von Anfeindungen, das Urteil „absurd“ oder gar „weltfremd“ genannt. Das hat etwas von den Boten erschießen: Denn nicht der, der feststellt, das Recht gebrochen wird, hat doch Schuld am Rechtsbruch!

Nein, Schuld ist eine Verkehrspolitik in Bund, Land, aber auch in der Kommune, die vor allem die Autos und die Autoindustrie im Visier hat und bei der Infrastruktur für Rad, Elektromobilität oder einen attraktiven öffentlichen Nahverkehr nur widerwillig geschaffen wird. Die bislang  geplanten Maßnahmen von Land und Kommune, um die Luft reiner zu bekommen, reichen längst nicht aus: Das jedenfalls hat das Gericht in seinem Urteil klargestellt.

Die Quittung dafür zahlen nun diejenigen, die auf ihr Auto angewiesen sind, für die der ÖPNV dank teils miserabler Taktung und dürftigem Streckennetz keine Alternative ist und die nicht das nötige Kleingeld haben, um sich ein neues Fahrzeug zu kaufen.

Die Hoffnungen der politischen Entscheider, die bislang bei dem Thema nur die Hände in den Taschen hielten, ruhen nun aufs Land NRW: Dieses will in Revision gehen. Doch sollten sich die Verantwortlichen nicht abermals auf die Hoffnung ausruhen, dass die nächst höhere Instanz die Fahrverbote einzukassieren.

Aber immerhin: Sollte im kommenden Jahr auch auf der Velberter Straße es zu einem Fahrverbot kommen, könnte das das Ende für den Last-Fernverkehr über die B224 durch Werden bedeuten. Dann kann man ja wieder kräftig übers Werdener Verkehrskonzept diskutieren…

2 Gedanken zu „Fahrverbote könnten auch noch Werden treffen

  1. Was genau soll eigentlich der LKW -Fernverkehr sein , der hier durch Werden rollt ? Ist damit der LKW gemeint , der zu Edeka , Tinkgut , Lidl , Trink und Spar , zu Aldi oder zu Star fährt , oder der , welcher zu den Gewerbebetrieben in und um Werden fährt ?
    Ich würde mal den Besuch der Kreuzung Frankenstrasse / Wuppertaler Straße empfehlen . Dort sieht man den Fernverkehr zwischen Ruhrgebiet und Niederberg . Der Anteil des Schwerverkehrs ist viel höher wie auf der B 224, die Verkehrsprobleme in Werden sind großteils hausgemacht und haben nichts mit LKW – Fernverkehren zu tun .
    Maßnahmen zur Luftverbesserung wären vielmehr :
    – Kauf von Fahrzeugen unter dem Aspekt der Umweltverträglichkeit anstatt nach Protz und Status
    – weniger Einkäufe bei zalando und co.
    – Verzicht auf unnötige Fahrten
    – Einbindung bislang unentdeckter Körperwelten ( hier : die Füße )
    – Pförtnerregelung an der Stadtgrenze zur Minimierung des durchfahrenden PKW Verkehres aus dem Bereich ME
    bei gleichzeitiger Taktverdichtung des SB 19 und der Umwandlung des S Bahn Haltepunktes zu einem modernen ÖPNV Zentrums .

  2. 2. Klatsche für Essen!
    Nicht die DUH kann zum „Schuldigen“ ausgerufen werden, so wie auch die Interessengem. B 224 Werden nicht die „Schuldigen“ sind. Es wurde gültiges Recht eingefordert. Das städtische „Weiter-so-Prinzip“ greift immer weniger. EU-Gesetze haben für Essen keine Gültigkeit? Weit gefehlt!

    Natürlich geht es an der Realität vorbei, wenn am Tage x der durchfahrende Schwerlast-Diesel-LKW, -PKW, Zulieferer, ÖNV-Busse nicht mehr fahren können. Aber was hat die Stadt Essen bisher unternommen, um das mögliche Scenario abzuwenden? 30 km/h-Lösung als Sofortmaßnahme wie Fachprofessoren es empfehlen? Fehlanzeige!
    Die Inkrafttretung zum 1.4.2019 widerspricht dem Grundsatz, dass Messstellen mind. 1 volles Jahr betrieben werden sollen. So sagen es die Regeln. Also 1.4. eher Aprilscherz?
    Der „Masterplan Verkehr“ oder der „Luftreinhalteplan“ geben keine Auskunft, ob die Alternativstrecken zur Sperrung Velberter Str. über den Brosweg, Fischlaker Str., Lürsweg, Viehauser Berg oder sonst wo durch Wohnquartiere verlaufen sollen.
    Das VVK bietet keine Lösung, denn es wird nur verlagert, nicht bereinigt.
    Die weiträumige Umfahrung rückt immer näher. Und daran könnten Heidhausen bis Karnap partizipieren.

    Rainer Ringhoff

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