18 Jan

Klischee ist woanders und scheiße

Da musste ich doch lesen, der Spruch „Woanders is auch Scheiße“ wäre ein neues, aber schlechtes „Klischée“. Ich dachte erst: Absolut daneben! Aber dann teilte der Duden mit, nur halb falsch (siehe unten).

Ich finde es bis heute genial, was Frank Goosen damals für die A40 geprägt hat.

Besser kann man es nicht sagen, was ich immer schon empfunden habe, was die Seele der Ruhrgebietler ausmacht. Wer es hier aushält, sich gar wohl fühlt, der glaubt ja nicht, das Ruhrgebiet sei das Schönste, was Gott sich sonntags im Whirlpool mit einem Cocktail in der Hand ausgedacht hat; auch nicht, diese sechs Millionen würden wirklich eine Metropole sein im Sinne wie London oder Paris, nicht einmal wie Berlin.

Dabei ist Werden älter als die meisten Metropolen, hat mehr Superlative und auch mehr Selbstironie, die der Kern jeden gutes Humores ist: Über sich selber lachen. Der Ruhri denkt deshalb einfach . . . ja was? Mhhh Grübel! ja genau: Woanders ist auch Scheiße.

Ich kann mich noch gut erinnern an einen Besuch auf der tiefsten, eigentlich höchsten Schwäbischen Alb. Da meinten die Ureinwohner: Wir aus dem Ruhrgebiet seien arrogant; und das begründeten sie tatsächlich damit; dass wir ihre klassische Kritik „schwarze Wäsche im Garten“ nicht widerlegten, sondern mehr meinten: „Na und!“ — Damals hatte man eben noch nicht den Goosen.

Nichts trifft den Geist des Ruhrstolzes besser. Nur Billy Wilders „Nobody ’s perfect“ aus „Manche mögen’s heiß“ kam dem am Nächsten, bis Goosen . . . .

Damit darf Goosen das sowieso für ein Fotobuch nutzen,  zu dem er das Vorwort geschrieben hat.  Denn selbst jemand, der den Satz abgenutzt findet, muss  den Satz ihm für ein Fotobuch über die Achtziger zugestehen. Warum sollte er einen zweitklassigen Satz nehmen.

Ein Klischee ist eine ehemals innovative Vorstellung, Redensart, ein Kunstwerk oder ein Stilmittel, die mittlerweile veraltet, abgenutzt oder überbeansprucht erscheinen. Das Klischee existiert als etwas geistig oder sprachlich Schablonenhaftes.

01 Okt

So viel Zeit zu rocken – Theater Oberhausen bringt Goosen gut

Das ist die Band bei der Findung des fünften Mannes: Torsten Bauer, Peter Waros, Klaus Zwick, Henry Meyer, Jürgen Sarkiss.Foto: Thomas Schweigert

Das ist die Band bei der Findung des fünften Mannes: Torsten Bauer, Peter Waros, Klaus Zwick, Henry Meyer, Jürgen Sarkiss.Foto: Thomas Schweigert

Es rockt hart,  es tut Männern weh und lässt Frauen schmunzeln, es redet bisweilen viel,  es ist aber auch sexy; vor allem nimmt sich das neue Theaterstück in Oberhausen „So viel Zeit“, bis es in einem furiosen Finale verkündet: Die Jungs sind zurück in der Stadt (The boys are back in town)

Stefanie Carp hat die Bühnenfassung geschrieben, Peter Carp die Regie geführt. Gemeinsam trennen sie Musik und Stück sehr scharf, kein Musical, sondern Dialoge mit exzessivem Rock von Deep Purple bis AC/DC dazwischen. Doch es gibt eine Verbindung: Jürgen Sarkiss spielt die zentrale und tragische Figur des Ole; und er ist der Sänger der echten Theaterband; zwar etwas dunkel in der Stimme für die bedeutend höher angelegten Hits, aber das hat was.

Die Jungs, Endvierziger, die sich da beim Doppelkopf allwöchentlich treffen, machen alle etwas her. Das sind Typen, die stimmen und bewegend dieses Gefühl herüber bringen, so viel erreicht , und das Wesentliche doch verpasst zu haben.

Ihre Beziehungen zu den Partnerinnen sind beendet, schwierig  oder sie enden mit der Gründung der Band, mit der sie nicht mehr von Erinnerungen zehren wollen, sondern neue schaffen. Sie haben mit der Bandgründung Erfolg, ertragen Niederlagen, nehmen sich nicht ernst, den Rock schon, um ihn dann zu hinterfragen. Man würde sie noch mehr  für starke Typen halten, wenn nicht die Frauen dieses Ensembles wären, die jene  Männerriege mit weniger Worten an die Wand spielen: Angela Falkenhan als Spätgroupie zeigt Würde, Susanne Burkhard hat die Lebensfreude, die von den Männern gesucht wird.

Blogsie

Angela Falkenhan

Es gibt auch eine Dramatik, eine Geschichte dahinter, die den Zuschauer vielleicht etwas zu spät auf die Sehnen des Spannungsbogens setzt. Dann geht es aber ab. Die Band darf sich ausspielen mit den brillianten Gitarrensoli, die so überlang wie damals sind.

Weitere Aufführungen am  29. und 31. Oktober. Theater Oberhausen.