Ein richtig guter Film
Gestern hatte der Film „Das schweigende Klassenzimmer“ in Essen in der Lichtburg eine Vorpremiere mit Regisseur und Darstellern. „Ein richtig guter Film“, versprach bei der Begrüßung Hausherrin Ilse Menze. In der Tat erreicht der Film die Spannung eines Thrillers. Bewegender ist er allemal. In Zeiten, in denen alle unter 30 Jahren die DDR nicht mehr bewusst erlebt haben, ist es zudem ein wichtiger Beitrag zur Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit, die Drehbuch-Autor und Regisseur Lars Kraume sehr gut gelungen ist.
Die Handlung basiert auf der wahren Geschichte, die der später in Essen unterrichtende Lehrer Dietrich Garstka niedergeschrieben hat; 1956 ein Schüler der Klasse, die zwei Schweigeminuten für die Opfer des Ungarn-Aufstandes abgehalten hat, fast spontan, nach demokatrischem Mehrheitsbeschluss, allerdings in der DDR. Neben der politischen Dimension beschäftigt sich der Roman mit den klassischen Themen eines Entwicklungsdramas von Jugendlichen, wie „Sommernachtstraum“ oder „Frühlingserwachen“: erstes lieben, sich von den Eltern lösen, eine eigene Persönlichkeit suchen, die Ehre bewahren und eigenen Mut finden.
„Das schweigende Klassenzimmer“ ist ein Kinofilm in seiner besten Form; er unterhält, bewegt und ist relevant.
Lars Kraume macht das wunderbar, zitiert unter anderem den „Club der toten Dichter“. Zwar überzieht er etwas, als die Schüler Erik und Theo die Wahrheit aus der Vergangenheit der Väter erfahren, aber dafür werden die Figuren durchweg gut gezeichnet. Man versteht die Motive, auch die des gescheiterten 53er-Aufständischen und Vaters, der „seine Lektion gelernt hat“. Schwarz gezeichnet sind die Schulrätin und der Minister, deren perfides Befragen schon beim Zuschauen schmerzt. Interessant ist dabei, wie das Lügen der Befragenden hier aus der Sicht der Opfer wirkt; wird es doch in Krimis oft als geniale Methode der Ermittler dargestellt.
Regisseur ist wie erwähnt Lars Kraume, der mit „Der Staat gegen Fritz Bauer“ schon eindrucksvoll die deutsche Nachkriegsvergangenheit aufgearbeitet hat. Wieder spielt Burghart Klaußners herausragend, diesmal als Volksbildungsminister Lange. Ebenbürtig ist Florian Lukas als Rektor, der zwischen den Fronten noch an den Sozialismus glaubt, aber auch an seine Jungen. Eindrucksvoll ist die Ausstattung, die in die Fünfziger entführt. Sehenswert!
Ich könnte ja… die Überschrift gleich wieder zurück nehmen. Man muss nicht in den neuen Kinofilm von Sönke Wortmann gehen; aber es ist ein Vergnügen.
Sönke Wortmann (aktuell mit Frau Müller muss weg, sonst u.a Das Wunder von Bern, Der Bewegte Mann) will nun mit „Sommerfest“ eine Ruhrgebietskomödie drehen, frei nach dem Buch von Fran Goosen (Woanders ist auch Scheiße); was ja schon so eine Spitzenkombination ist. Wortmann drehte 1991 mit „Kleine Haie“ zwar keine Ruhrgebietskomödie, aber schrieb in diesem Roadmovie von Werden nach München mit Vogels Stuhlszene bei Folkwang Filmgeschichte und schuf mit Armin Rohde als „Bierchen“ eine Kultfigur. Die Hauptdarsteller dieser Komödie starteten allessamt damit große Karrieren.
Aber das ist schon das erste Problem: Darf man lächelnd aus einem Film gehen, der gefühlte 99 % brutale Szenen zeigt? Darf man einen Film loben, der eigentlich keine neue Idee hat? Der keine neuen Charaktere aufzeigt, und die vorhandenen so dünn ansiedelt, dass sie keine neuen werden können? Aber da ist noch der lakonische Humor, leider so sparsam, dass es für einen komischen Film keine zehn Sekunden ausreichen würde. Der Film ist eine große Choreographie, was auch die Antwort ist: Der Rhythmus stimmt durchweg. Hier bringt tatsächlich keine menschelnde Szene den Rhythmus durcheinander, der einen wahnsinnig harten Soundtrack hat, der ohne unnötige Längen die Rache schnellstmöglich durchzieht. John Wick findet sein Opfer, der seinen Hund getötet und das Auto geklaut hat. So ist das ein Film, der rund ist,alles zügig erledigt und nur eine Frage offen lässt: Wo verdammt ist der Mustang? Holt er sich den nicht zurück, auch wenn das Hotel ihm einen neuen Wagen schenkt.
Ich könnte mich ja … schämen wegen d er albernen Überschrift. Aber es ist ja noch Morgen. Ja, der Morgen nach einem schönen Kinoabend mit „Rush“. Seit Le Mans habe ich lange wieder auf einen echten Rennfahrerfilm gewartet, 42 Jahre. Ich war nie ein Lauda Fan (eher Jochen Rindt, also Hunt), aber man wird es in dem Film; obwohl er sehr unangenehm dargestellt wird, aber sehr gut von Daniel Brühl.