28 Feb

Ein richtig guter Film

Gestern hatte der Film „Das schweigende Klassenzimmer“ in Essen in der Lichtburg eine Vorpremiere mit Regisseur und Darstellern. „Ein richtig guter Film“, versprach bei der Begrüßung Hausherrin Ilse Menze. In der Tat erreicht der Film die Spannung eines Thrillers. Bewegender ist er allemal. In Zeiten, in denen alle unter 30 Jahren die DDR nicht mehr bewusst erlebt haben, ist es zudem ein wichtiger Beitrag zur Auseinandersetzung mit der deutschen Vergangenheit, die Drehbuch-Autor und Regisseur Lars Kraume sehr gut gelungen ist.

 

Die Handlung basiert auf der wahren Geschichte, die der später in Essen unterrichtende Lehrer Dietrich Garstka niedergeschrieben hat; 1956 ein Schüler der Klasse, die zwei Schweigeminuten für die Opfer des Ungarn-Aufstandes abgehalten hat, fast spontan, nach demokatrischem Mehrheitsbeschluss, allerdings in der DDR. Neben der politischen Dimension beschäftigt sich der Roman mit den klassischen Themen eines Entwicklungsdramas von Jugendlichen, wie „Sommernachtstraum“ oder „Frühlingserwachen“: erstes lieben, sich von den Eltern lösen, eine eigene Persönlichkeit suchen, die Ehre bewahren und eigenen Mut finden.

„Das schweigende Klassenzimmer“ ist ein Kinofilm in seiner besten Form; er unterhält, bewegt und ist relevant.

Lars Kraume macht das wunderbar, zitiert unter anderem den „Club der toten Dichter“. Zwar überzieht er etwas, als die Schüler Erik und Theo die Wahrheit aus der Vergangenheit der Väter erfahren, aber dafür werden die Figuren durchweg gut gezeichnet. Man versteht die Motive, auch die des gescheiterten 53er-Aufständischen und Vaters, der „seine Lektion gelernt hat“. Schwarz gezeichnet sind die Schulrätin und der Minister, deren perfides Befragen schon beim Zuschauen schmerzt. Interessant ist dabei, wie das Lügen der Befragenden hier aus der Sicht der Opfer wirkt; wird es doch in Krimis oft als geniale Methode der Ermittler dargestellt.

 

Regisseur ist wie erwähnt Lars Kraume, der mit „Der Staat gegen Fritz Bauer“ schon eindrucksvoll die deutsche Nachkriegsvergangenheit aufgearbeitet hat. Wieder spielt Burghart Klaußners herausragend, diesmal als Volksbildungsminister Lange. Ebenbürtig ist Florian Lukas als Rektor, der zwischen den Fronten noch an den Sozialismus glaubt, aber auch an seine Jungen. Eindrucksvoll ist die Ausstattung, die in die Fünfziger entführt. Sehenswert!

 

 

07 Feb

Frau Müller — muss man hin

Müller2Ich könnte ja…   die Überschrift gleich wieder zurück nehmen. Man muss nicht in den neuen Kinofilm von Sönke Wortmann  gehen; aber es ist ein Vergnügen.

Ja, Wortmann, der war gestern hier schon Thema. Irgendwie habe ich mir gedacht, dann gehste auch mal in den Neuen von ihm. Vorher habe noch eine liebe alte Bekannte getroffen, die viele Werdener noch kennen: Sonja Fleck bzw. Giepen, die einst bei uns gearbeitet hat, wir sagten ,Sonja Sonnenschein‘ wegen ihrer stets guten Laune. Jedenfalls räumte sie fast verschämt ein: „Wir gehen gleich in ,Frau Müller muss weg‘, wegen der Kinder.“

Nun ja, ich räumte ein, dass ich keine Entschuldigung habe, nur Vorfreude. Zu Recht!

Es war ein vergnüglicher Film, kein großes Werk, aber 25 Jahre nach dem Mauerfall eine erschreckend präzise Analyse von Ost und West, Helikopter-Eltern, bisweilen hilflosen Lehrern und getriebenen Eltern, dazu Kindern, die leider zu den altbekannten Problemen (,Ausgrenzen‘ oder eben neudeutsch ,Mobben‘) noch ein paar mehr aus unserer Zeit mit sich herum schleppen. Nicht immer hält der Spannungsbogen des Films: Am Kakaoautomaten und im Bad hängt er durch und neigt zum Albernen. Natürlich ist Sönke Wortmann zu sehr ein Menschenfreund, um das Böse bis zum Exzess durch zu ziehen. Es gibt immer die Momente, in denen er aufs Publikum schaut und Nachsicht übt.

Das ist angenehm, denn auch so findet der Zuschauer sich als überforderter Elternteil eins zu eins und damit unausstehlich wieder.

Man mag Sönkes letzte Beisshemmung verurteilen, aber es gibt trotzdem reichlich Momente in dem Film, in denen jeder Dialog eine pausenlose Reihe von Zitaten für ein Best of-Buch ergibt; was vermutlich schon im Bühnenstück angelegt  ist.

Es gibt eine nicht ganz überraschende, aber gut ausgespielte Wendung am Schluss. Da sollte man aber nicht zu viel erwarten, das ist kein Krimi. Anke Engelke spielt die Karriere-Mutter zwar eher wie in Ladykracher, also an der Grenze der Glaubwürdigkeit, dafür ist Alwara Höfels so sympathisch wie man es nur sein kann, solidarisch, auch überfordert und doch die stille Heldin des Films. Die Heldin ist aber ebenso Gabriela Maria Schmeide, bei der man immer versucht ist zu sagen: „Das ist doch eine Lehrerin, keine Schauspielerin!“ Frau Müller ist nicht die perfekte Lehrerin, aber sie das beste, was man in diesem längst verkorksten Dreieck von Schule, Elternhaus und Welt erwarten kann.

Letztlich zeigt sich Sönke Wortmann einmal mehr als guter Handwerker, der leider erst zum Künstler aufläuft, wenn er auch das Drehbuch mit in die Hand nimmt, eben Neues schafft: Kleine Haie, das Wunder ….

06 Feb

Sönke mit großem Hai

19399763Sönke Wortmann (aktuell mit Frau Müller muss weg, sonst u.a Das Wunder von Bern, Der Bewegte Mann) will nun mit „Sommerfest“ eine Ruhrgebietskomödie drehen, frei nach dem Buch von Fran Goosen (Woanders ist auch Scheiße); was ja schon so eine Spitzenkombination ist. Wortmann drehte 1991 mit „Kleine Haie“ zwar keine Ruhrgebietskomödie, aber schrieb in diesem Roadmovie von Werden nach München mit Vogels Stuhlszene bei Folkwang Filmgeschichte und schuf mit Armin Rohde als „Bierchen“ eine Kultfigur. Die Hauptdarsteller dieser Komödie starteten allessamt damit große Karrieren.

„Das wunder von Bern“ nach seinem Film wurde von Folkwang-Professor Gil Mehmert inszeniert.

Man darf gespannt sein.

03 Feb

Verzwickt mit dem Wick

Ich könnte ja … diesen Film einfach loben, weil er Spaß gemacht hat. John Wick. WickAber das ist schon das erste Problem: Darf man lächelnd aus einem Film gehen, der gefühlte 99 % brutale Szenen zeigt? Darf man einen Film loben, der eigentlich keine neue Idee hat? Der keine neuen Charaktere aufzeigt, und die vorhandenen so dünn ansiedelt, dass sie keine neuen werden können? Aber da ist noch der lakonische Humor, leider so sparsam, dass es für einen komischen Film keine zehn Sekunden ausreichen würde. Der Film ist eine große Choreographie, was auch die Antwort ist: Der Rhythmus stimmt durchweg. Hier bringt tatsächlich keine menschelnde Szene den Rhythmus durcheinander, der einen wahnsinnig harten Soundtrack hat, der ohne unnötige Längen die Rache schnellstmöglich durchzieht. John Wick findet sein Opfer, der seinen Hund getötet und das Auto geklaut hat. So ist das ein Film, der rund ist,alles zügig erledigt und nur eine Frage offen lässt: Wo verdammt ist der Mustang? Holt er sich den nicht zurück, auch wenn das Hotel ihm einen neuen Wagen schenkt.

04 Okt

Rush Rush bis zum Showdown — andere Helden

Rush_movie_posterIch könnte mich ja … schämen wegen d er albernen Überschrift. Aber es ist ja noch Morgen. Ja, der Morgen nach einem schönen Kinoabend mit „Rush“. Seit Le Mans habe ich lange wieder auf einen echten Rennfahrerfilm gewartet, 42 Jahre. Ich war nie ein Lauda Fan (eher Jochen Rindt, also Hunt), aber man wird es in dem Film; obwohl er sehr unangenehm dargestellt wird, aber sehr gut von Daniel Brühl.

Macher Ron Howard hat auch das Problem gelöst, dass die damals spektakulären Kameras in den Rennwagen heute nur müde lächeln lassen. Schnelle Schnitte in den Motor sind ein ausreichender Ersatz. Die Story wirkt so echt, und ist doch mehr als verdichtet, wie Autor Peter Morgan (auch ein schönes Auto) betont. Weiterlesen