Frau Müller — muss man hin
Ich könnte ja… die Überschrift gleich wieder zurück nehmen. Man muss nicht in den neuen Kinofilm von Sönke Wortmann gehen; aber es ist ein Vergnügen.
Ja, Wortmann, der war gestern hier schon Thema. Irgendwie habe ich mir gedacht, dann gehste auch mal in den Neuen von ihm. Vorher habe noch eine liebe alte Bekannte getroffen, die viele Werdener noch kennen: Sonja Fleck bzw. Giepen, die einst bei uns gearbeitet hat, wir sagten ,Sonja Sonnenschein‘ wegen ihrer stets guten Laune. Jedenfalls räumte sie fast verschämt ein: „Wir gehen gleich in ,Frau Müller muss weg‘, wegen der Kinder.“
Nun ja, ich räumte ein, dass ich keine Entschuldigung habe, nur Vorfreude. Zu Recht!
Es war ein vergnüglicher Film, kein großes Werk, aber 25 Jahre nach dem Mauerfall eine erschreckend präzise Analyse von Ost und West, Helikopter-Eltern, bisweilen hilflosen Lehrern und getriebenen Eltern, dazu Kindern, die leider zu den altbekannten Problemen (,Ausgrenzen‘ oder eben neudeutsch ,Mobben‘) noch ein paar mehr aus unserer Zeit mit sich herum schleppen. Nicht immer hält der Spannungsbogen des Films: Am Kakaoautomaten und im Bad hängt er durch und neigt zum Albernen. Natürlich ist Sönke Wortmann zu sehr ein Menschenfreund, um das Böse bis zum Exzess durch zu ziehen. Es gibt immer die Momente, in denen er aufs Publikum schaut und Nachsicht übt.
Das ist angenehm, denn auch so findet der Zuschauer sich als überforderter Elternteil eins zu eins und damit unausstehlich wieder.
Man mag Sönkes letzte Beisshemmung verurteilen, aber es gibt trotzdem reichlich Momente in dem Film, in denen jeder Dialog eine pausenlose Reihe von Zitaten für ein Best of-Buch ergibt; was vermutlich schon im Bühnenstück angelegt ist.
Es gibt eine nicht ganz überraschende, aber gut ausgespielte Wendung am Schluss. Da sollte man aber nicht zu viel erwarten, das ist kein Krimi. Anke Engelke spielt die Karriere-Mutter zwar eher wie in Ladykracher, also an der Grenze der Glaubwürdigkeit, dafür ist Alwara Höfels so sympathisch wie man es nur sein kann, solidarisch, auch überfordert und doch die stille Heldin des Films. Die Heldin ist aber ebenso Gabriela Maria Schmeide, bei der man immer versucht ist zu sagen: „Das ist doch eine Lehrerin, keine Schauspielerin!“ Frau Müller ist nicht die perfekte Lehrerin, aber sie das beste, was man in diesem längst verkorksten Dreieck von Schule, Elternhaus und Welt erwarten kann.
Letztlich zeigt sich Sönke Wortmann einmal mehr als guter Handwerker, der leider erst zum Künstler aufläuft, wenn er auch das Drehbuch mit in die Hand nimmt, eben Neues schafft: Kleine Haie, das Wunder ….