08 Sep

Ein Abend auf der Geisterkirmes

Eine ganze Kirmes als Geisterbahn

Eine ganze Kirmes als Geisterbahn

Marina Weidenhaupt

Eigentlich sollte an dieser Stelle ein Erlebnisbericht über die Werdener Appeltaten-Kirmes stehen – dem Leser sollte in Gedanken schwindelig vor Achterbahnen werden, Kinderaugen sollten bei Erzählungen von Dosenwerfen und Entchenangeln glänzen, und das Wasser sollte jedem bei dem Gedanken an frischen Backfisch und gebrannte Mandeln im Mund zusammenlaufen, während man Menschenmengen vor Augen und Kirmesmusik in den Ohren hat.

Dass es keine Appeltaate gibt, hatte Gereon mich schon vorgewarnt. Doch als ich am Montag gegen sieben Uhr die Kirmes betrete, bin ich verwirrt und erschüttert zugleich, überlege kurz, ob ich irgendwas verpasst habe: Der Platz ist so gut wie leer. Vereinzelt laufen Großeltern mit Kindern an der Hand herum, manche trinken ein Bier oder fahren ihren Kindern zur Liebe eine Runde mit der Hauptattraktion, der wilden Maus.

In der Tat ist dies das einzige Fahrgeschäft , das auf mich den Anschein macht, als würde es bewegt. Deshalb drehe ich auch eine Runde damit. Ein kurzer Spaß, aber für kleinere Kinder genau die richtige Dosis Nervenkitzel.

Doch ansonsten? Gähnende Leere. Niemand auf dem Autoscooter. Niemand fährt Karrussel oder benutzt eines der anderen Fahrgeschäfte, die alle beleuchtet Gäste anlocken sollen. Niemand wirft auf Dosen, angelt Entchen oder schießt für Preise. Es ist fast schon unheimlich.

An drei Buden wird Essen verkauft, es riecht wie es auf einer Kirmes riechen sollte. Doch die Churros, die ich mir kaufe, sind leider schon kalt, denn der Andrang ist minimal. Außer mir treffe ich nur auf ein Mädchen, das sich ein Softeis kauft — das wars.

Feiner Nieselregen durchnässt mein Haar, und ich nehme zuerst an, dass das Wetter zusammen mit der Tatsache, dass heute Fußball läuft der Grund für die leere Kirmes ist, die am Wochenende wohl stärker gefüllt gewesen sein muss. Also frage ich bei der Süßwaren-Verkäuferin nach, doch die entgegnet, dass die Situation schon am ganzen Wochenende die gleiche war. „Am Sonntag waren ein paar Leute da, aber am Samstag und heute war nichts los. Man steht den ganzen Tag nur hier, backt, wirft weg und backt neu“, erzählt sie niedergeschlagen. Mein Mitleid hat sie gewonnen.

Warum die Kirmes so schlecht besucht ist, kann ich mir nicht erklären. Es gibt keine großen Tower oder Riesenräder, aber doch einige Fahrgeschäfte, die zumindest Kinder unterhalten sollten. Ich habe allerdings eine Geisterbahn vermisst. Doch wenn man sich auf der leeren Kirmes so umsah, hätte man glatt denken können, dass sie selbst zur Geisterkirmes geworden ist.

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