07 Mai

Eine verbeulte Kirche hat auch etwas

SchmidtMOnsignoreAm vergangenen Freitag wurde Propst Engel von der Communitas sancti Ludgeri zu seinem 80. Geburtstag mit einem Neudruck seiner Ludgerus-Predigrten geehrt. Zuvor hielt Propst Schmidt, zweiter Nachfolger von Engel, eine pfiffige Predigt über die krumme Turmspitze: Eine verbeulte Kirche ist mir lieber …sagte Papst Franziskus. – Ich bezweifle zwar, liebe Schwestern und Brüder, dass dem Führer des Kranwagens dieses Wort bewusst war.

 

Gewiss hat Papst Franziskus etwas ganz anderes gemeint: lieber eine lebendige und verbeulte, als eine lahme und bequeme Kirche. Bloß keine verschlossene Kirche, die sich an ihre Sicherheiten klammert. Besser eine offene Kirche mit viel Bereitschaft zum Risiko.

Wie dem auch sei. Mir fällt jedenfalls auf: Das verbogene Kreuz auf der Basilika ist in den Blick geraten. Seit über einer Woche bewegt es die Werdener, bestimmt es Gesprächsthemen, zieht es Schaulustige an, lockt es Zeitungsredakteure vor Ort. Ein Kreuz, das zum Objekt der Aufmerksamkeit geworden ist, berührt, verbogen, angeknickt. – Alles nur Sensation? Alles nur Spektakel? Vielleicht schlummert in der hohen Aufmerksamkeit eine tiefe Nachdenklichkeit, ein feines Gespür: wo vieles bricht und brüchig wird, etwas wenigstens soll stabil bleiben, wo vieles kippt und defekt daher kommt, etwas wenigstens soll heil bleiben und Halt geben. So werden Knick und Kratzer unseres Kreuzes Anlass zur Betrachtung an diesem Abend.

Das geknickte Rohr zerbricht er nicht, und den glimmenden Docht löscht er nicht aus. Jener Gottesknecht – aus dem Buch Jesaja, dem im Volk die Resignation begegnet und dem er die Rettung verkündigt, die von Jahwe kommt. So offenbart sich Gott seinen Geschöpfen: selbst da, wo Sicherheiten schwanken und Unsicherheiten wachsen, wo Existenzen gefährdet und Zerstörungen nicht aufzuhalten sind, da legt Gott der Welt ein festes Fundament unter die Füße. In Jesus, dem Christus, öffnet er sich, enthüllt er sich, zeigt er sich, wenn wir in Gefahr stehen, zu gleiten und zu stürzen: der ewige Gott, der uns umfängt mit ausgebreiteten Armen.

 

Insofern, liebe Schwestern und Brüder, lohnt es, sich den Kopf in den Nacken zu legen und auf das geknickte Kreuz unserer Basilika zu blicken, um sich neu zu vergewissern und dankbar daran zu erinnern Im Kreuz ist Heil, im Kreuz ist Leben, im Kreuz ist Hoffnung. Und sollten Sie es heute oder morgen nicht schaffen, so kann ich Ihnen versichern: Gelegenheit dazu gibt es wohl noch einige Wochen. Amen“

Ein Gedanke zu „Eine verbeulte Kirche hat auch etwas

  1. Sehr geehrter Herr Buchholz,
    Ihren Bericht über das verbogene Kreuz habe ich mit Freude gelesen.
    Ihr ward beide sehr gut.

    Carl-Hans Weber

Kommentare sind geschlossen.